Die Cinémathèque suisse ist sehr traurig, über den Tod von Jean-Luc Godard informieren zu müssen. Er ist am Dienstag, 13. September, im Alter von 91 Jahren verstorben. Als eine Persönlichkeit von internationalem Format und einer der ikonischsten Regisseure der Filmgeschichte hinterlässt er ein vielfältiges Werk, das die Filmwelt und die Geschichte unserer Institution nachhaltig geprägt hat.
Der französisch-schweizerischer Regisseur wurde 1930 in Paris geboren und zählt als einer der bekanntesten Vertreter der Nouvelle Vague zu den bedeutendsten Filmemachern der Welt. Im Laufe seiner Karriere experimentierte er mit neuen Erzählweisen und realisierte Filme, die viele junge Filmschaffende beeinflusst haben. Seine Kreativität ist tief verwurzelt in seinem umfassenden Wissen über die Filmgeschichte und in seinen Jahren als Filmkritiker für die Cahiers du Cinéma. Er gehört zu den geistigen Erben der Cinémathèque française und Henri Langlois’, den er in schwierigen Zeiten nach dem Mai 1968 unerschütterlich unterstützte.
Jean-Luc Godard war schon immer sehr interessiert an Filmtechniken: von den leichten Kameras über die Entwicklung kleiner 35-mm-Kameras mit Jean-Pierre Beauviala (Aaton) bis hin zu den modernsten digitalen Apparaten. Auch die Verwendung der Videotechnik, der 3D Digitalkamera (in Adieu au langage) und des 7.1-Tonsystems (in Le Livre d’image) erforschte er in allen Details. In den frühen 1970er-Jahren war er mit Carole Roussopoulos einer der ersten Regisseure, die die Möglichkeiten des tragbaren Videosystems von Sony ausloteten.
Nachdem er Mitte der 1970er-Jahre in seine Heimat Schweiz zurückgekehrt war und sich in der Nähe von Lausanne niederliess, erneuerte er den Kontakt zur Cinémathèque suisse und zu ihrem Direktor Freddy Buache. Einige seiner Filme wurden ab den 1980er-Jahren teilweise in den Räumlichkeiten und/oder mit der Unterstützung der Cinémathèque suisse gedreht. Er hat sie immer unterstützt, wenn sie es brauchte und realisierte den bekannten Kurzfilm Lettre à Freddy Buache, als man ihn um einen Film über die Stadt Lausanne bat. So war er denn auch einer der Ehrengäste des FIAF-Kongresses 1979 in Lausanne, der den 50. Geburtstag des berühmten Internationalen Kongresses des unabhängigen Films in La Sarraz feierte (1929).
In seinem Werk hatte er stets seine Sensibilität und sein Interesse für die Arbeit, die Aufgaben und die Ziele der Filmarchive zum Ausdruck gebracht. Aus diesem Grund hatte die FIAF (Internationale Vereinigung der Filmarchive) beschlossen, Jean-Luc Godard anlässlich ihres 75. Kongresses im April 2019 den FIAF-Preis zu verleihen. Sein Besuch in der Cinémathèque suisse, um den Preis entgegenzunehmen, war einer seiner letzten öffentlichen Auftritte.
Die Cinémathèque suisse spricht der Familie und den Angehörigen ihr tief empfundenes Beileid aus und dankt Jean-Luc Godard für seinen wichtigen Beitrag zur Filmkunst und zu unserem Kulturerbe. In Kürze werden wir in unseren Kinos eine Hommage an den Filmemacher veranstalten, gefolgt von einer Retrospektive.
Frédéric Maire, Direktor der Cinémathèque suisse
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Photo Philippe R. Doumic ©Doumic studio. Collection Cinémathèque suisse DR